Sponsoren & Fans

Die Fans haben es in der Hand – aber nur mit Hilfe der Sponsoren

Von Prof. Dr. Harald Lange

Das neue DFB Adidas Trikot ist Ladenhüter noch bevor das Endspiel der Europameisterschaft gespielt ist. Der Verkaufspreis hat sich mehr als halbiert, wie die dpa meldet:

Fest steht: Der Trikotverkauf lief für den weltweit zweitgrößten Sportartikelhersteller Adidas zuletzt nicht wie erwünscht. Die Trikots der deutschen Mannschaft, die sogar ihr Turnier-Quartier auf dem Adidas-Gelände aufgeschlagen hatte, avancierten nach dem Aus des Teams von Joachim Löw sogar zum Ladenhüter. Die Folge: Die Trikots in Weiß oder Schwarz sind inzwischen im Adidas-Online-Shop für 45 Euro zu haben. Vor wenigen Wochen mussten Fans noch mindestens 90 Euro, manchmal sogar 130 Euro berappen. (dpa am 9. Juli 2021)

In dieser Meldung spiegelt sich der Einfluss der Fans, denn das große Geld fließt nur dann in den Sport, wenn die Konzerne entweder einen Imagegewinn für ihre strategische Marketingkonzeption oder einen handfesten „Return of Invest“ für sich verbuchen können. Letzteres hat sich nach der Niederlage in Wembley erübrigt. Das frühe Aus und schwache Spiel der DFB Elf war absehbar, denn in der Führungsetage des DFB geht es seit Jahren weniger um den Sport und dessen ideellen und praktischen Werte als vielmehr um persönliche Profite und Machtinteressen einzelner Personen.

Tafelsilber aufs Spiel gesetzt
Damit setzen Sportverbände ihr Tafelsilber aufs Spiel. Wenn die Chance auf Imagegewinn für Sponsoren verspielt ist und sich nach den Fans nun auch Sponsoren abwenden würden, wird es Jahre dauern bis man sie und ihr Geld wieder zurückgewinnen kann. Mit Blick auf Katar 2022 und die Unfähigkeit der DFB Spitze den Verbandstag vorzuziehen und zügig glaubhafte Reformen auf den Weg zu bringen, scheint Pessimismus angesagt. Da der DFB nicht formulieren und vorleben kann welchen Fußball er auch in ideeller, wertebezogener Hinsicht haben will, liegt der Ball in dieser wichtigen Frage bei den Fans, Zuschauern, Journalisten und letztlich bei den Sponsoren und Geldgebern.

Welchen Fußball wollen wir?
‚Lassen wir uns weiter von der DFB Spitze an der Nase herumführen? Wollen wir uns weiter für die Marketinggags im Umfeld der so genannten „Die Mannschaft“ fremdschämen und auf Unterstützung des kommerziell durchorganisierten so genannten „Fanclubs Nationalmannschaft“ hoffen? Während in den Fanszenen seit Jahren um das Bewahren wirklicher Werte des Fußballs gekämpft wird (Solidarität, FairPlay, Chancengleichheit, Wettkampfprinzip, usw.), macht der Verband aus seiner Ethikkommission einen Spielball für die Machtinteressen von Spitzenfunktionären und ersetzt seine kritische „Ethiker“ durch einen Club wenig profilierter Juristen und Personalmanager (DFB Pressemitteilung vom 8. Juli 2021).

Die Freude am Spiel ist das Maß aller Dinge!
Vor Jahren wäre es undenkbar gewesen das Sponsoren Reformbedarf beim Fußball einfordern. Aber die authentisch vorgetragenen Fanproteste haben die Schwachstellen des Systems offengelegt. Die Freude am Spiel muss wieder in das Zentrum rücken, wenn die Verbände treue Sponsoren halten wollen. Dazu gehört auch das Eintreten für Werte, die in unserer Gesellschaft und in der Unternehmenskultur der relevanten Sponsoren inzwischen Selbstverständlichkeit sind.

Diesmal lief es für den deutschen Branchenriesen nicht ganz so gut, doch bei Adidas gibt man sich gelassen. „Der kommerzielle Nutzen der Fußball-Europameisterschaft ist überschaubar, das war von Anfang an klar“, sagt eine Sprecherin. Mit oder ohne EM sei 2021 ein gutes Jahr für Adidas. „Die Freude am Spiel war ein entscheidendes Argument dafür, das Turnier auszutragen. Die Menschen freuen sich, dass der Sport endlich wieder da ist“, erklärt die Sprecherin. Außerdem habe der Sport eine enorm hohe Sichtbarkeit und Reichweite. „Auch deshalb ist Fußball für uns als Kategorie strategisch sehr wichtig.“ (dpa am 9. Juli 2021)

Die Gelassenheit von Adidas und anderen Topsponsoren wird nur noch so lange bestehen bleiben, wie die Hoffnung auf Reformen – hin zu einem wertebasierten Fußball – eine Chance hat. Notfalls werden Sponsoren in den kommenden Monaten weiter Druck machen. Volkswagen und vor allem Adidas haben diesbezüglich bereits im Mai diesen Jahren ihre Position unmissverständlich vorgetragen.

Druck der Sponsoren
Öffentlicher Druck von Sponsoren ist neu in diesem „Geschäft“ und zeigt an, wie ernst die Lage ist. Nach dem unsäglichen Zeitspiel des Ex DFB Präsidenten Fritz Keller, der nach seinem disqualifizierenden Nazivergleich einfach nicht die unausweichliche Konsequenz ziehen wollte, waren es die beiden Großsponsoren Adidas und Volkswagen, die über öffentlichen Druck zum Handeln im DFB-Chaos drängten. Wenig später erklärten Keller und Curtius ihren Rücktritt und der DFB- Vize Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge kündigten an zum nächsten Bundestag nicht mehr für ihre Ämter kandidieren zu wollen. In der WirtschaftsWoche (10. Mai 2021) wird hierzu aus erster Hand (Adidas) berichtet:

„In einer Stellungnahme des Dax-Konzerns, die der WirtschaftsWoche vorliegt, heißt es: „Leider werfen die internen Führungsquerelen kein gutes Licht auf den DFB.“ Daher sei es wichtig, dass der Verband „nun schnell die nötigen Schritte
einleitet, um die offenkundigen Probleme zu lösen.“ Das, so heißt es in der Stellungnahme, sei der DFB seinen Mitarbeitern, aber auch „Spielern und Spielerinnen und Partnern schuldig.“ (Wirtschaftswoche vom 10. Mai 2021)

Quellen:
https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/machtkampf-im-verband-adidas-fordert-dfbauf-
interne-probleme-schnell-zu-loesen/27176584.html
(10. Mai 2021)
https://www.t-online.de/sport/fussball/id_90415668/adidas-nike-puma-welcher-trikotausruester-
gewinnt-die-fussball-em-.html
(9. Juli 2021)